Ansprache zum 2. Mai

von Pfarrerin Sabine Happe.

Liebe Gemeinde,
eigentlich wären wir heute in der Markuskirche und würden den ersten Konfirmationsgottesdienst feiern und nächsten Sonntag den zweiten. Wie jedes Jahr in den letzten Jahrzehnten. Anfang Mai feiert Markus seine Konfirmationen.

Aber seit der Corona-Virus auftauchte ist vieles anders gekommen als geplant, so auch hier. Letztes Jahr schon mussten wir sie in den September verschieben, dieses Jahr ist es jetzt auch so. Die Konfirmationen im Jahr 2021 finden nun am 4. und 5. September statt. So ist es zumindest vorgesehen.

Dieses „nichts Planen“, „sich auf nichts Verlassenkönnen“ erleben wir nun schon seit über einem Jahr. Die Zukunft nicht in der Hand zu haben, im Ungefähren, vielleicht Möglichen leben zu müssen, fällt uns ungemein schwer. Viele verzweifeln daran.
Unsicherheit, Mutlosigkeit und der Verlust der Lebensfreude macht sich breit.

Wenn man keine Urlaube, Veranstaltungen, Familientreffen, Konzerttermine, ja sogar lebensnotwendige Operationen mehr planen kann, auf was kann man sich im Leben dann überhaupt noch verlassen?
Unsere Lebenssituation fordert ein Höchstmaß an Flexibilität, Mut, Gelassenheit und Vertrauen ins Leben. Und ich denke, wir alle wissen, dass es uns besser gelingt, so zu leben, wenn wir dann wenigstens wissen, auf wen wir uns dabei verlassen können, wenn schon nicht auf was.

Ich komme noch mal auf die Konfirmationen zurück. Auf unserer Vorschlagsliste für die Konfirmandensprüche gibt es einen, der bestimmt auch im heutigen Konfirmationsgottesdienst häufiger genannt worden wäre.
Er lautet: „Wer Gott vertraut, dem ist alles möglich.“ (Mk.9,23)
Gott ist der, auf den wir uns verlassen können. Gott ist der, der in diesen Zeiten der Unsicherheit und Unplanbarkeit an unserer Seite ist. Der Verunsicherung, Hoffnungslosigkeit und Angst mitträgt. Der uns stärkt und unser Vertrauen zu uns selbst und ins Leben.
Vieles ist heute unsicher – dies aber ist sicher!
Auf Gott können wir uns verlassen und mit ihm können wir auch offen reden über alle Gefühle und Gedanken, die uns in diesen Tagen bewegen. Dazu ist mir ein schönes Gebet in die Hände gefallen, das viel davon in Worte fasst:

Lieber Gott, der du uns alle geschaffen hast:
Vor einem Jahr wussten wir noch nicht, was wir alles lernen würden:
was wir verlieren könnten und trotzdem irgendwie weiterleben würden;
wo wir Trost finden würden und wo es keinen Trost gäbe;
wessen Leben für wen wichtig ist;
warum wir in unseren Wohnungen Küchen haben.
Mitte März 2020 wusste ich nur eins sicher:
Das Horten von Toilettenpapier gibt keine Sicherheit, es macht dich nur egoistisch.
Aber Gott, es fühlt sich so an, als ob die Welt im Begriff ist, sich wieder zu öffnen.
Und davon bin ich begeistert, aber auch irgendwie verstört.
Ich bin nämlich nicht mehr die, die ich vor einem Jahr war.
Ich wünsche mir so sehr,
meine Freunde wieder zu umarmen,
und mal wieder herzhaft zu lachen,
und wieder tolle Gespräche zu führen.
Und doch bin ich nicht sicher, wie lang es mir gelingen würde,
all das zu tun, bevor ich in Tränen ausbreche oder ganz still werde.
Meine emotionale Schutzschicht ist so dünn geworden,
und Kummer und Leid sind überall sichtbar.
Ich habe solche Angst, nie mehr die zu sein, die ich mal war.
Und gleichzeitig habe ich Angst, die wieder zu werden.
(Mal ganz davon abgesehen, ich weiß gar nicht, welche Größe die
Jeans haben, die mein jetziges Ich gerade trägt.)
Und doch: Wenn ich meinen ängstlichen Gedanken Einhalt gebiete,
kommt in mir langsam der Verdacht auf,
dass ich jetzt näher an dem Ich bin,
das du schon immer gekannt und geliebt hast.
Herr, hilf mir, darauf zu vertrauen.
Bei all dem, was sich ändert:
Hilf uns dabei, behutsam mit uns selbst und anderen umzugehen.
Wir sind alle gerade sehr dünnhäutig. AMEN
(Gebet der amerikanischen Theologin Nadia Bolz – Weber,                                                                                                          aus dem Newsletter des Ev. Schulreferats April 2021)

Vieles ist heute unsicher – Dies aber ist sicher!
Gott ist an unserer Seite. Mit ihm können wir über alles reden. Und:
„Wer Gott vertraut, dem ist alles möglich!“
Möge uns dies Sicherheit geben in unsicheren Zeiten und Zuversicht für das, was auf uns zukommt, und was wir nicht planen können.

Es grüßt Sie,
Ihre Pfarrerin Sabine Happe

Sonntag, 2. Mai 2021