Ansprache zum 3. Mai und siebten Sonntag in der Home-Church

von Gerhard Gericke.

Liebe Markus-Leute!

Da geht mir erneut durch den Kopf, dass das meist benutzte Wort der Gegenwart ja verschiedene Bedeutungen hat.

Corona“ <aus dem Lateinischen> meint zuerst „Kranz“, „Krone“, Diadem“, ähnlich wie in den bunten Virusabbildungen im Fernsehen. Das Symbol unserer Tage!

Im anderen Zusammenhang heißt Corona auch so viel wie „fröhliche Runde“, ‚Zuhörerkreis‘ ‚Versammlung‘. Diese Bedeutung weckt Hoffnung in mir, dass wir uns bald in fröhlicher Runde, sonntags um 9:30 Uhr wieder versammeln können … Vielleicht ja schon am 10.Mai? Mir wird von Woche zu Woche deutlicher: die Home-Church kann unsere Gottesdienste in der Kirche auf Dauer nicht ersetzen. Mehr und mehr fehlt mir die Begegnung mit vertrauten Menschen und die Entdeckung neuer Gesichter unter uns … Und wenn wir zunächst unter eingeschränkten Bedingungen wieder zusammen sein dürfen, können wir doch aufeinander hören, miteinander reden, können nachdenken und beten, Musik erklingen lassen und so die Gemeinschaft im Gottesdienst zur Kraftquelle für die neue Woche werden lassen.

Längst vor dem Ausnahmezustand heute hat Angela Merkel einmal auf einem Parteitag gesagt: “Uns trägt der Glaube. Er gibt uns Kraft. Und ich sage auch ganz persönlich: er gibt mir Kraft!“ Was für ein Bekenntnis voller Zuversicht im beinharten Politikgeschäft! Und das gilt genauso in Tagen wie diesen.

Kräfte in uns – wir sagen auch ‚heilende Kräfte‘ – davon ist in der Bibel oft die Rede und wir Menschen werden damit von Gott immer wieder bedacht und ausgestattet. Soweit ich sehe, gibt es hier eine Übereinstimmung zwischen der Bibel und der Psychologie. In jedem Menschen stecken selbstheilende Kräfte. Und wenn ein Therapeut diese in einem Menschen zu wecken vermag, kann er helfen und heilen. Der Unterschied: die Bibel berichtet, woher diese Kräfte kommen – die Psychologie lässt das offen.

Psalm 138,3: „Wenn ich dich, Gott, anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft!“ Oder Jesaja 40,31: „Alle, die ihm vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft. Dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler. Dass sie laufen und nicht matt werden, wandeln und nicht müde werden.“.

Immer wieder neue Kräfte – genau das brauche ich täglich, wie die wundersame Geschichte von der Wüstenwanderung Israels erzählt. Als da die Menschen noch nicht sehen konnten, wann und wie sich alles normalisieren würde, selbst Mose keine gesicherte Prognose abgeben konnte, da fiel für die verzagten, hungernden Menschen Manna vom Himmel. Erstaunte Gesichter: „Man hu“? „Was ist das?“ So fragen sie erstaunt. Es ist das Brot, das euch der Herr zum Überleben gibt! Allerdings immer nur für einen Tag! Wer meint, er müsste hamstern, erlebt eine Pleite.

Was für ein Vertrauen: jeden Tag neu! Und zu entdecken, das reicht! Mir fielen da die bekannten Worte Bonhoeffers ein: „Er gibt uns soviel Widerstandskraft wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus. Damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein“:
Ich bin sicher: wenn wir uns darauf verlassen, sind wir nicht verlassen.

Herzliche Grüße zum Sonntag Jubilate, 3. Mai 2020