Urlaubszeitnachlese

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Wie war ´s im Urlaub?

Allerorten erklingen in diesen Tagen die Nachfragen an die Heimgekehrten. Und sicher haben auch Sie in diesem Sommer wieder die glücklichen Eindrücke all derjenigen zu sehen und zu hören bekommen, die in Urlaub waren.

Ansichtskarten sind ja eher selten geworden, aber auf Smartphones, Tablets und PC´s erscheinen immer wieder Schnappschüsse derer, die sich in der Welt herumtreiben. Eigentlich finde ich das ja ganz schön, denn so sieht man, wo die Freunde und Lieben gerade sind: in Paris am Eiffelturm, in London auf der Oxford Street beim Shoppen, in Frankreich beim Baden im Atlantic oder in einem Nationalpark in den USA. Natürlich sind die Bilder alle großartig, die Landschaften zum Verlieben, die Menschen glücklich. Ich sehe Gläser voll verlockender Getränke und Teller mit leckerem Essen. Was ich nicht sehe, sind Pleiten. Regengüsse, miese Aussichten, Minipools, langweilige Speisekarten, verdorbene Laune, missgestimmte Kinder.

An den Urlaub werden höchste Erwartungen gestellt. Er muss wettmachen, was im Alltag schiefläuft, einen über Gebühr belastet und nervt. Die freie Zeit hat einfach perfekt zu sein – da darf nichts passieren. Vielleicht klagen auch dewegen so viele Touristen, wenn ihnen dann doch etwas nicht passt. Acht Tage all-inclusive für 360 Euro: auch da erwartet man einen Traumurlaub, owohl es den für dieses Geld so nicht geben kann. Jedenfalls nicht im Hotel. Geklagt wird: vor Gericht, aber nicht vor Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen. Oder ist Ihnen schon häufig das Leid über einen komplett misslungenen Urlaub geklagt worden?

Erzählen möchte man lieber, dass der Urlaub toll war und man selbst damit auch. Man hat das Gefühl, ein gelungener Urlaub schmückt den Menschen. Man hat die richtige Zeit ausgewählt, das Wetter war einem hold, die Menschen freundlich, die Kultur bereichernd, das Abenteuer includiert, die kulinarischen Ereignisse unvergleichlich. Es scheint, als sagte dies alles etwas über einen selber aus. Man könnte den Eindruck gewinnen, als wäre selbst der Urlaub eine Leistung, die man zu erbringen hat. Ein Erfolg, den man vorweisen muss.

Bloss nicht erzählen, dass der Urlaub eine Pleite war. Ein bisschen schämt man sich dann vielleicht. War man nicht in der Lage, die kostbarsten Wochen des Jahres anständig zu planen und zu einem erholsamen Traum zu machen? Ich finde diesen Leistungs- und Erfolgsdruck, der auch auf Urlaubserlebnissen liegen kann, sehr schade. Nicht nur, dass man sich schlecht erholt hat. Der Stress, sich auf jede freundliche Urlaubsnachfrage eine neue halbwegs passende Antwort auszudenken, die alles noch beschönigt, ist eigentlich unnötig. Wäre es nicht entspannter, wenn wir gelassener auch mit schlechten Urlaubserfahrungen umgehen könnten?

Als wir letztes Jahr im Sommerurlaub in Schottland waren und es fast durchgängig nur geregnet hat, wurde unsere stehende Redewendung: „Es ist bestimmt schön hier, wenn die Sonne scheint. Lass uns doch im Sommer mal wiederkommen.“ Den ersten Menschen, die mich zuhause danach zu meinem Urlaub fragten, hab ich dann immer erstmal erzählt: „War sehr schön da. Schöne Landschaft …“ Und jeder berichtete daraufhin dann auch von den tollen Landschaftseindrücken in seinem Schottlandurlaub.

Erst als ich mich mal getraut habe, damit rauszurücken, dass eigentlich der ganze Urlaub verregnet war und sich die tolle Landschaft dadurch nicht immer sogleich erschloss, hörte ich plötzlich auch von anderen und ihren schauerlichen Wetter- und anderen Urlaubserfahrungen. Ich stellte fest, welche Solidarität und welch intensive Nähe entsteht, wenn man sich über einen verregneten Sommerurlaub fern ab aller traumhaften Erwartungen austauscht. Und erzähle seitdem lieber ehrlich, wie es im Urlaub war. Dadurch befreie ich mich selbst von diesem Leistungsdruck, ich könnte etwas dafür, wenn ein Urlaub nicht glücklich ist und nicht wirklich glückt. Stattdessen erfreue ich mich an der erleichterten Ehrlichkeit, die man spürt, wenn auch andere frei heraus erzählen können, wie blöd ihr diesjähriger Urlaub wirklich war.

Und, wie war es in Ihrem Urlaub?

Herzliche Grüße
von Ihrer Pfarrerin Sabine Happe

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