Ansprache zum 5. April

von Pfarrerin Sabine Happe.

Die gesprochene Version des unten stehenden Textes gibt es hier.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Gemeinde,
in diesen Tagen des Abstandhaltens hat sich für mich so etwas ergeben wie die „Düssel-Seelsorge“. Oft, wenn ich bei dem schönen Wetter mit Fahrrad oder zu Fuß auf dem Weg zur Kirche bin, treffe ich Menschen aus der Gemeinde an der Düssel.

Wir lächeln uns in gebührendem Abstand freundlich zu und erkundigen uns, wie es dem jeweils anderen geht. So höre ich von Sorgen und Nöten, aber auch den kleinen Freuden, die die derzeit erzwungene Reduktion des Erlebbaren mit sich bringen können. Die Sonne und das aufblühende Leben in der Natur kommen da immer mal wieder vor. Ebenso wie die Einkaufshilfe der Nachbarn und das Telefonat mit dem Enkelkind.

Aber natürlich gibt es auch die Sorgen um die Gesundheit, die eigene oder die von Familie und Freunden und die Fragen nach der Länge des Ausnahmezustandes und dem, was wir dann noch werden bewältigen müssen an wirtschaftlichen Folgen beispielsweise. Eine alleinstehende ältere Dame erzählt mir: „Das mit der Einkaufshilfe meiner Nachbarin klappt gut. Sie bringt mir immer alles mit, was ich brauche, so dass ich das Haus nur verlasse, um alleine mal hier an der Düssel frische Luft zu schnappen. Ich werde also in diesen Wochen sicher nicht verhungern und verdursten, zumindest nicht, was das reale Essen und Trinken betrifft. Aber oft bin ich einsam und ängstlich. Ich mache mir Sorgen und fühle mich allein gelassen in meinen vier Wänden.“ Hier geht es ganz offensichtlich um eine andere Form der Nahrung, die fehlt. Die Seele müsste gestärkt werden, nicht nur der Leib.

Im Buch 1. Könige 19,1-8 findet sich eine dazu passende Begebenheit: Der Prophet Elia soll umgebracht werden und fürchtet um sein Leben. Er flieht bis in die Wüste hinein. Er ist einsam, ängstlich und lebensmüde, am Ende seiner Kräfte. Und er setzt sich unter einen Busch in den Schatten und betet zu Gott: „Es ist genug, so nimm nun Herr, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter. Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: „Steh auf und iss!“ Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach:„Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes.

Dieser Text ist einer der schönsten Zusagen, dass Gott bei uns ist und uns stärken wird. Zweimal schickt er dem einsamen, ängstlichen und kraftlosen Elia einen Engel mit Brot und Wasser, um ihn zu stärken. Seinen Körper und seine Seele! Elia isst und trinkt, zweimal, und ist danach stark genug für den Weg, den er gehen soll. Gott geht unsere Wege mit. Auch die Wege in Angst, Einsamkeit und Überforderung. Er will uns stärken an Leib und Seele. Wenn wir ganz still werden und in uns hineinhören, wenn wir beten oder uns mit einem Bibeltext befassen, kann uns seine Stärkung erreichen. Manchmal auch durch ein freundliches Lächeln und ein aufmunterndes Wort.

Ich wünsche uns, dass wir davon etwas spüren in diesen Tagen, in denen es nicht nur um die Nahrung für den Leib geht. Viele brauchen die Einkaufstüten der Nachbarn und die Stärkung durch Gott. Zuversichtlich drückt dies Dietrich Bonhoeffer in seinem Glaubensbekenntnis aus: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“

Liedvers: eg 652 „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ (Dietrich Bonhoeffer)

Sonntag, 5. April 2020